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Kollaborative Roboter: Wie Mensch und Maschine zusammenfinden

Jahrzehntelang wurden Industrieroboter in Käfigen gehalten. Jetzt befreien sie sich – und bieten neue Formen der Interaktion und Zusammenarbeit. Ein Besuch im ABB-Inkubator in Gilching.

In einem schlichten Bürogebäude in der Nähe von München führt uns Darshana Raykar, Global Product Specialist für User Experience bei ABB Robotics, durch einen Showroom, der an ein Labor erinnert: weiß und steril. Drei Roboter warten dort auf neue Aufgaben. Wer schon Roboter in der Automobilherstellung gesehen hat, weiß, wie beeindruckend die Eleganz des Roboterballetts ist. Auch hier wirken sie keineswegs bedrohlich. Elegante Geräte, montiert auf einfachen Tischen. Darshana Raykar steuert sie mit einem Teach Pendant.

Berührt ein Roboter einen Menschen, kommt er zum Stillstand. Das mag banal klingen, ist aber eine Revolution in der Industrieautomation. Schutzeinrichtungen und strikte Trennung von Menschen gehören der Vergangenheit an. Moderne kollaborative Roboter – kurz Cobots – sollen mit Menschen zusammenarbeiten. Das verändert nicht nur die Fertigung, sondern auch die Mensch-Maschine-Interaktion an sich.

Mehr als Zusammenarbeit

Der Schweizer Technologieriese ABB, ein weltweit führendes Unternehmen in der Elektrifizierung und Automation, liefert Beispiele für diese Verlagerung. Sein neuester Cobot GoFa bewegt sich anmutig und hantiert mit Teilen und Komponenten, während Menschen nur wenige Zentimeter entfernt arbeiten. Seine Technologie und sensible Sensoren sorgen dafür, dass er Kolleg:innen aus Fleisch und Blut niemals verletzt. Eine Gezeitenwende in der industriellen Robotik. Seit ihrer Einführung in den 1970ern waren Roboter im Grunde technische Kraftprotze, die schwerer Lasten heben und repetitive Aufgaben übernehmen sollten. Sie waren hocheffizient, aber auch gefährlich, was strenge Sicherheitsprotokolle und physische Barrieren erforderlich machte.

Die neue Generation ist anders. Diese Roboter sollen Menschen ergänzen, nicht ersetzen. „Ein Werkzeug, um die Arbeit zu erleichtern“, erklärt Darshana Raykar. „Futuristische Filmroboter inspirieren das Publikum und Designer:innen, sich zu überlegen, was möglich ist. Kollaborative Roboter sehen nicht unbedingt menschenähnlich aus, müssen jedoch genug Charakterstärke besitzen, damit wir sie als Kollegen verstehen. Ihr Charakter kommt nicht nur in der Form, sondern auch in ihren Bewegungen zum Ausdruck.“

Der Siegeszug kollaborativer Roboter wirft faszinierende Fragen zur Zukunft der Arbeit auf. Einige Abläufe werden zweifelsohne automatisiert, doch legt die Erfahrung nahe, dass Cobots menschliche Arbeit häufig nicht ersetzen, sondern verbessern. Sie übernehmen repetitive oder ergonomisch schwierige Aufgaben, sodass sich die Menschen auf Arbeiten konzentrieren können, die Kreativität und Urteilsvermögen erfordern. 

Darshana Raykar ist überzeugt, dass die User Experience (UX) in der erfolgreichen Integration von Cobots am Arbeitsplatz eine zentrale Rolle spielt. Eine positive UX sorgt für reibungslose, intuitive, zufriedenstellende Mensch-Roboter-Kollaboration. Echte Verbündete am Arbeitsplatz können Roboter nur werden, wenn sie durch nahtlose Interaktionen für positive, zweckmäßige Erfahrungen sorgen.

Bei Cobots umfasst das Anwendererlebnis verschiedene Aspekte – unter anderem Design, Interaktion und Bewegungen der Roboter. Ein gut gestalteter Cobot sollte leicht zu programmieren und bedienen sein, selbst für User ohne Robotikkenntnisse.

Mehr als Technologie

Der vielleicht stärkste Einfluss hat jedoch nichts mit der Technik zu tun. Sichere Interaktionen mit Robotern ändern unsere Einstellung zur Automation. Roboter hinter Schutzzäunen galten als „Fremdkörper“ – mächtige, unheimliche Maschinen, die in sicherem Abstand gehalten wurden. Moderne Cobots, die an der Seite von Menschen arbeiten, sind eher Werkzeuge bzw. sogar Partner. Scheinen die Unterschiede zwischen Robotern und Menschen jedoch zu verschwimmen, gibt Darshana Raykar zu bedenken: „Es gibt sichere Anwendungen, aber keine inhärent sicheren Roboter.“ Darshana Raykar hat einen Bachelor in Elektrotechnik und einen Master in Innovation Design Management. Bei Sicherheitsprotokollen ist sie sehr streng: Man sollte nie vergessen, dass ein Cobot kein Freund sei, sondern ein wunderbares Werkzeug. Die relativ einfache Technik macht diese Roboter auch für Unternehmen ohne Robotikerfahrung zugänglich.

„Ich sehe eine Welt, in der Roboter und Menschen nahtlos zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Stärken optimal für mehr Effizienz und Innovation einsetzen“, sagt Darshana Raykar. „Ziel ist eine harmonische Partnerschaft, die menschliche Fähigkeiten verbessert und neue Möglichkeiten erschließt.“ Das könne sogar zu einer neuartigen Mensch-Maschine-Beziehung führen, die nicht auf Ersatz oder Konkurrenz beruht, sondern auf echter Zusammenarbeit. 

Der Beitrag zu ABB Robotics erscheint außerdem im mcbw magazine 2025.