

Ihre Ausstellung heißt „Out of the Boxes“, …
... denn Industrial Design ist weit mehr als das Entwerfen von Produkten. Wir zeigen, wie Design als verantwortungsvolle Disziplin zivilisatorische Herausforderungen zukunftsweisend angeht: universell, inklusiv, technisch, konstruktiv, informativ, ökologisch, ökonomisch, markenbildend, unternehmerisch. In zwölf Boxen werden Projektbeispiele aus der Lehre und Forschung im Design gezeigt und machen deutlich, wie Design als Disziplin funktioniert.
Spiegelt das die Designausbildung der HfG Offenbach?
Wir sprechen von den Spezialisierungen Industrial Design, Information Design, Digital Design, Urban Design, Material Design und Integrated Design. Das ist das Spektrum konvergenter Nischen im Design, das wir an der School of Design an der HfG Offenbach abbilden. Dieses Infrafakultative schafft mit konkreten und epistemischen Entwurfsprojekten praktischen und zivilisatorischen Nutzen.

Und andernfalls?
Wenn Entwerfen nur künstlerischen Gesten folgt, ist es ohne Relevanz: Industrial Design bedeutet Entwerfen für den vernünftigen Gebrauch. Betrachten wir den Massenkonsum und die Saisonmessen, wird schnell klar, was unvernünftig ist. Letzteres ist nur Zeugs!
Meinen Sie das wirklich?
Aber wie! Industrial Design hat den klaren Auftrag, echte Mehrwerte für Menschen und ihre Existenzsicherung zu erschaffen. Es ist kein Selbstzweck oder bloßes Zeugs, sondern ein strategisches Werkzeug für Lösungen mit einem breit gesetzten Nutzen. Angesichts von Bevölkerungswachstum, Ressourcenknappheit und technologischem Wandel ist seine Rolle entscheidend – was ja auch die World Design Organisation, die Dachorganisation aller Industrial-Design-Verbände, betont.

Was ist dann Zeugs?
Gegenstände, die sich nur gefallen wollen und deren Betrachtung sich immer nur um das Schöne dreht, sind für unsere Zukunft völlig unbrauchbar. Klimawandel und Nuklearkrieg sind die größten Bedrohungen der Menschheit. Beides ist bewältigbar. Aber der Rückzug auf ornamentales Kuscheln aus Angstbeseeltheit ist nicht hilfreich. Wir brauchen Aufklärung und ein aufklärendes Design.
Was heißt das konkret?
Angesichts von Ressourcenverknappung und Klimawandel müssen Leichtbau, On-Demand, Haltbarkeit oder Teilevielfalt thematisiert werden – ganzheitlich. Und zwar schon in der Designplanung. Produkte dürfen nur noch 25 Prozent des aktuellen Gewichts haben, 25 Prozent des bisherigen Energieeintrags in der Produktion und Logistik, die Kommunikation der Produkte darf nur noch online auftreten, der durchschnittliche Gebrauch beziehungsweise die Gebrauchstüchtigkeit muss auf mindestens die doppelte Lebensdauer erhöht werden. Dafür müssen die Hersteller:innen Zertifikate erwerben. Und Designer:innen müssen Regelwerke lesen lernen oder sogar in den Parlamenten politisch wirken und so weiter. Form selbst ist nie demokratisch, nur der Prozess.

Klingt nach Bürokratie!
Klingt nach Vernunft! Unsere ökonomische Praxis ist auf lange Sicht absolut suizidal. Wenn unternehmerisches Handeln ausschließlich eigennützigen Zielen dient, ist das kein echtes Unternehmertum. Gute Unternehmen denken zukunftsorientiert, sie begrüßen klare Regeln – und nutzen sie, um innerhalb dieser die besten zu sein. Nur durch Constraints bleibt ein Wettbewerb möglich und Innovationen können entstehen. Wer Regeln fürchtet, fürchtet auch die Zukunft.
Hat das Design denn genügend methodische und fachliche Kompetenz, diesen Weg zu gehen?
Es muss sich grundlegend etwas ändern. Industrial Design sollte sich stärker als MINT-Fach etablieren – jedoch nicht ausschließlich in den Ingenieurwissenschaften verortet. Idealerweise gehört es an Universitäten, die auch Technologie und Geisteswissenschaften parallel anbieten, um eine ganzheitliche Verknüpfung von technischer Expertise und gesellschaftlichem Kontext zu ermöglichen. Denn eine rein technische Ausrichtung greift zu kurz.




Der Beitrag zu HfG Offenbach erscheint außerdem im mcbw magazine 2025.