


Auf der Freitreppe, die quer durch das Munich Urban Colab führt, summt es wie in einem Bienenstock. Das ganze Haus scheint in Bewegung, Menschen nehmen die Stufen, bleiben stehen, kommen ins Gespräch. Aus der Veranstaltungshalle tönt rhythmisches Klatschen: Gerade wird ein Zukunftsprojekt präsentiert. Im nächsten Stock tüfteln Gründer:innen an einer App für nachhaltige Mobilität, Ingenieur:innen und Soziolog:innen diskutieren über autonomes Fahren, wieder anderswo geht es um die Kantine der Zukunft und die Frage, was dort auf den Tisch kommt. Willkommen im Munich Urban Colab, Münchens pulsierendem Herz für Innovation, in dem Start-ups, Wissenschaftler:innen, Stadtplaner:innen und Konzerne auf Augenhöhe zusammenkommen.

Mark Stabel ist so etwas wie der Herbergsvater des Munich Urban Colab, im Herzen Gastronom und Gastgeber. Ein Mann für praktische Lösungen, ohne Social Media Account. Sabine Hansky hingegen ist Stimme des Hauses, eine leidenschaftliche Kommunikatorin, die Dinge auf den Punkt bringt und das Programm strategisch plant: „Wir sind der Meinung, dass es das physische Zusammentreffen braucht“, sagen die beiden unisono. „Zufällige Begegnungen, die den entscheidenden Kick auslösen.“
Haus ohne Grenzen
Im Grunde bietet diese faszinierende Kreuzung aus Werkstatt, Co-Working-Space und Büro alles, nur keine Privatsphäre. Wer sich wirklich abschirmen möchte, um sein eigenes Brötchen zu backen, ist fehl am Platze. Die Architektur verkörpert vielmehr Offenheit: Sie fördert Bewegung und Begegnung. Konzentrierte Arbeitsbereiche wechseln mit großen Freiräumen. Dazu kommt viel Glas. Wo heute das „Haus der Kost“ seinen Platz gefunden hat, kann morgen eine Autoreparaturwerkstatt einziehen. Es gibt wenig Trennendes zwischen Disziplinen und Menschen. Nur eine zeitliche Grenze kennen die Mieter:innen – zwei Jahre mit Option auf Verlängerung. Wer bis dahin nicht durchgestartet ist, muss weichen. Was hart klingt, fördert aber jenen Wandel, von dem das Haus lebt. Hier gibt es keine Pfründe, sondern genug Spielraum für alle, die ihr Ding machen wollen.
„Unser Ziel war immer, Innovation zu fördern und zugleich der Stadt und ihren Menschen etwas zurückzugeben“, sagt Hansky. Daher sind alle Münchner:innen eingeladen, sich bei vielen Veranstaltungen einzubringen. Echte Lösungen entstehen nur, wenn unterschiedliche Stimmen Gehör finden. Daher werkeln im Munich Urban Colab nicht nur Gründer:innen. Auch Konzerne wie BMW oder die Stadtwerke München sind dabei, zusammen mit Vertreter:innen der Stadtverwaltung. „An dieses dynamische Ökosystem wollen auch andere andocken“, sagt Stabel.
„Dieser Ort lebt. Das spüren Neue sofort. Die meisten würden am liebsten sofort dableiben und loslegen!“





Zukunftslabor der Stadt
Das Munich Urban Colab ist eine gemeinsame Initiative der Stadt München und von UnternehmerTUM: wissenschaftliche Werkstatt und Hot Spot für Innovationen für die künftige „smart city“, ein Knoten im Geflecht von Wirtschaft und Stadtgesellschaft mit einem großen Schuss Optimismus. München braucht das Munich Urban Colab und seine Lösungen. Bis 2040 dürften an der Isar rund 1,8 Millionen Menschen leben. Das Haus im Kreativquartier will bis dahin Antworten auf drängende Fragen liefern: Wie bleibt die Stadt lebenswert? Wie meistern wir Mobilität, Energieversorgung und Nachhaltigkeit? Es ist ein Katalysator, der Lösungen nicht nur skizziert, sondern gleich ausprobiert. Ob digitale Infrastrukturen oder grüne Energie – unkonventionelle Ideen sollen München voranbringen. Dafür wagen sich viele aus ihrer Komfortzone. Dem Einzelbüro weint niemand eine Träne nach und testet lieber neue Formen der Zusammenarbeit. Netzwerkpartner:innen können an diese Community andocken, ohne gleich zu mieten. Ob Bürger:in, Gründer:in oder Professor:in: Alle bringen sich ein. Genau deshalb ist dieses Haus mehr als ein Arbeitsplatz, bei dem Weltkonzerne, Start-ups und Stadtverwaltung an einem Tisch sitzen. Es ist eine Bewegung; offen, pragmatisch, direkt. Die Freitreppe steht sinnbildlich dafür. Alles ist verbunden. „Oft sind es genau diese Momente, die zählen“, sagt Hansky. „Man trifft jemanden, hört einen Satz, der alles verändert, oder bekommt den entscheidenden Kontakt. Online passiert das nicht.“

Der Beitrag zu Munich Urban Colab erscheint außerdem im mcbw magazine 2025.