


Jochen Meyer einen Kommunikationsspezialisten zu nennen, wäre untertrieben. Der Unternehmer aus Hohenschambach entschärft kommunale Krisen: Wenn Bauprojekte stocken, sich Protest breitmacht und Politiker:innen nicht mehr weiterwissen, tritt politide als kommunikative Feuerwehr an. Meyer weiß, dass er etwas retten muss. Und zwar schnell. Er tut es, indem er Probleme auf den Punkt bringt. Und darüber offen mit den Menschen spricht.

Dabei ist politide keine Agentur für Produktmarketing – und will es auch gar nicht sein. „Natürlich können wir auch Corporate Design“, sagt Meyer, „das ist aber nicht unsere Kernkompetenz.“ Die besteht darin, zuzuhören, offen über Probleme zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu schaffen. Denn Krisen gibt es überall: bei der neuen Umgehungsstraße, der Erweiterung einer Fabrik oder einem Baugebiet. Meyer ist realistisch: „Gegner:innen werde ich nie zu Freund:innen machen, aber ich muss so kommunizieren, dass ich die Unentschiedenen erreiche.“ Mit Argumenten gegen Emotionen anzukämpfen, sei schwierig. „Unser Ansatz ist daher, Ängsten zu begegnen, bevor Menschen zu Wutbürger:innen mutieren.“ Also einsteigen, bevor etwas zu einem Problem wird, neudeutsch: proaktiv kommunizieren. „Wir entwickeln eine Strategie. Und versuchen, so früh wie möglich einzusteigen.“.
Sprich mit ihnen
Meyers Credo: Schweigen ist Gift! Die meisten Kunden kommen seines Erachtens zu spät. Oft glaubten sie, man könne sich das Geld sparen und es werde schon irgendwie gehen. Seine Erfahrung zeigt aber, dass in der Krise die Kommunikation schwieriger und damit teurer werde. „Dann verschieben sich Projekte, Kosten steigen und Erlöse, etwa aus Vermietung, fließen später.“ Viele Erstkunden kommen wieder und setzen dann viel früher auf Beratung. „Leider müssen manche Ideengeber erst durch das Tief des Bürgerwiderstandes gehen.“
Spindoktor möchte Meyer nicht sein. Überhaupt ist er kein Freund von hochtrabenden Begriffen. „Ich möchte Menschen zusammenbringen.“ Vor einigen Jahren wurde er als „Typ von einer Werbeagentur angekündigt“, erzählt Meyer. Der Verwaltungsleiter war dann aber begeistert. Mit ihm könne man ja richtig reden, weil er die Sprache der Menschen spreche und kein „typisches Werbedenglisch“.
Meyer ist bestens vernetzt und weiß, wen er wo ansprechen muss. Schließlich hat der Kommunikationsfachwirt jahrelang Kommunalwahlkämpfe für die CSU organisiert, immer im hyperlokalen Umfeld. Meyer stellt klar: „Ich komme politisch aus der Richtung, das kann man jetzt gut oder schlecht finden. Ich persönlich finde es gut.“ Das Wichtigste: Glaubwürdigkeit. Und Konsequenz.



Sag es einfach
Seit 15 Jahren berät Meyer öffentliche Auftraggeber, also Kommunen, Städte, Gemeinden, Märkte und Landkreise. Dazu kommen halböffentliche Auftraggeber: kommunale Klinikkonzerne oder Baugenossenschaften. Meyer kommuniziert so, dass ihn die Menschen verstehen – und weiß, moderne Medien geschickt zu bedienen. Für Instagram gehe das natürlich anders als im Mitteilungsblatt der Gemeinde. Sein Tipp: „In Bildern denken.“ Und Menschen durch Aktionen mitnehmen. Um für die gelbe Tonne zu werben, stellte er beispielsweise fünf gelbe Tonnen mit klaren Botschaften auf die Marktplätze. „Guerillamäßig“, lacht Meyer, man müsse heute eben anders kommunizieren: witzig, manchmal auch selbstironisch, damit die Botschaften rüberkommen. „Letztlich haben wir und unsere Auftraggeber eine Bringschuld“, sagt Meyer. „Wir müssen den Menschen Informationen auf dem Kanal, den sie gerne konsumieren, möglichst mundgerecht zur Verfügung stellen.“
Die Agentur politide ist aber nicht nur Krisenretterin und Meinungsdreherin. Meyer sieht seine eigentliche Aufgabe darin, etwas beizutragen für das große Ganze: „Wir helfen Demokratie ein Stück besser zu machen, indem wir zwischen den Bürger:innen und den Verantwortlichen Argumente austauschen, die Ängste der Menschen ernst nehmen und zwischen den Parteien vermitteln.

Der Beitrag zu Politide erscheint außerdem im mcbw magazine 2025.