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ZEHN SEKUNDEN - LANGE SPIELFILME

 

Alexander Stotz, CEO von Ströer Media, zeigt die digitale Stadt der Zukunft. Die ist vielfältig, vor allem aber: nachhaltig.

STRÖER MEDIA

OLIVER HERWIG: Warum sind Sie Partner der mcbw?

ALEXANDER STOTZ: Weil wir Verantwortung für den öffentlichen Raum tragen, den wir mitprägen. Ziel ist es, unser Design der jeweiligen Stadt anzupassen, ihrer Architektur aber auch den Wünschen der Bürger:innen.

 

OH: Das heißt, Design ist bei Ihnen von Anfang an gesetzt?

AS: Ja, denn wir haben das Privileg, im öffentlichen Raum kostbaren Platz einzunehmen. Daher passen wir unsere Stadtmöbel genau an: Wir haben Wartehallen von Hadi Teherani und von vielen anderen Büros, immer modern gestaltet, denn Design muss sich zurücknehmen, allein schon durch seine Wiederholung.

 

OH: Gilt das auch für die Inhalte?

AS: Basis für alles, was wir machen, bleibt das Plakat. Das Standbild ist die hohe Kunst der Kreation, wenn es gelingt, alle Informationen so zu verdichten, dass sie auf ein Plakat passen und ein Bild im Kopf der Empfänger:innen auslösen.

 

OH: Allein in München bespielen Sie rund 1800 Wartehallen. Manche Bewegtbilder sind ziemlich präsent.

AS: Bewegtbild bedeutet Überzeugungsarbeit. Mit digitaler Außenwerbung begannen wir vor 20 Jahren in München. Das war weltweit eine Pionierleistung. Hier wollte niemand Las Vegas haben, und wir haben gut daran getan, bei der Digitalisierung der Straße lange zu warten. Erst heutige Technologien werden den Ansprüchen des Denkmalschutzes gerecht und verhalten sich im Umfeld angemessen. Das Grelle fällt weg, und das ist auch gut für die Energieeffizienz.

Alexander Stotz, CEO Ströer Media

OH: Ein gutes Stichwort: Wie steht es eigentlich um die Energiebilanz, wenn wir etwa Plakat und Screen vergleichen?

AS: Bei der Energiebilanz schneidet beispielsweise eine Plakatvitrine im 9-m2-Format mit etwa 55 Gramm CO2 für 1000 Kontakte sehr gut ab. In der Werbebranche wird ja alles auf 1000 Kontakte gerechnet. Da hat die Tageszeitung den höchsten CO2-Verbrauch mit mehr als 9000 Gramm. Online emittiert zwischen 13 und 284 Gramm CO2, abhängig vom Format. TV liegt bei 828 Gramm CO2. Radio nur bei 69 Gramm. Und digitale Außenwerbung emittiert beim Betrieb mit Grünstrom lediglich 5 bis 6 Gramm CO2 für 1000 Kontakte.

 

OH: Wie geht das?

AS: Das geht, weil wir keine Sendeanstalt haben und wahnsinnig viele Kontakte. Am Münchner Hauptbahnhof sind es 400.000 Kontakte am Tag. So kommt es zur guten Energieeffizienz pro Kontakt. Dazu haben wir fünf Jahre lang selbst entwickelt, um den Stromverbrauch zu senken. Nun verbrauchen wir deutlich weniger Strom …

Alexander Stotz, CEO Ströer Media

OH: ... weil Sie …

AS: ... an der Software gearbeitet haben, mit deren Hilfe wir Ionen ansteuern und die Farbauswahl treffen. Weiß verbraucht am meisten Strom, das heißt volle Pulle. Es waren ganz viele kleine Schritte, um zu dieser Stromersparnis zu gelangen. Zudem nutzen wir grünen Strom.

 

OH: Nachhaltigkeit bedeutet für Sie …?

AS: Wir haben letztes Jahr unser 100-jähriges Jubiläum gefeiert. Wir haben also ein recht nachhaltiges Geschäftsmodell. Schon vor Jahren haben wir darauf geachtet, dass Screens möglichst lange leben und einen hohen Recyclinganteil besitzen. Auf der Nachhaltigkeitsmesse Green Tech zeigten wir unsere neuen Bushaltestellen, die Feinstaub aus der Luft filtern, etwa 50 Liter Regenwasser aufnehmen und ein kleines Biotop bilden in stark versiegelten Bereichen. Wir können 40.000 Bus- und Bahn-Haltestellen sowie Litfaßsäulen begrünen. In München ging es schon los.

 

OH: Geht da noch mehr?

AS: Klar. Wir packen ein Solarpanel drauf, das uns zu 100 Prozent mit Strom versorgt. Und für die Sitzmöbel sammeln wir Treibholz aus der Ostsee. Eine kleine Manufaktur fertigt daraus Sitzbänke.

 

OH: So entsteht eine energieautarke Station

AS: Am besten gibt sie noch Energie ab. Wenn ich das Handy kontaktlos laden will oder wenn jemand mit dem Roller herumfährt. Wir müssen die Augen offenhalten, wo man Verbindungen schaffen kann. Nachhaltigkeit hat den Schwerpunkt Ökologie, aber umfasst eben auch Soziales. Wir wollen eine Kommunikationsplattform sein, die sich auch für andere anbietet. Daher öffnen wir vielen NGOs ein eigenes Nachhaltigkeitsfenster in unserem Programm, das Lust macht, sich zu beteiligen.

 

OH: Ist das Smartphone Konkurrenz oder eher Türöffner für Spots?

AS: Beides. Auf jeden Fall herrscht Wettbewerb um Aufmerksamkeit, vor allem in der U-Bahn. Beim Warten aber ist jeder dankbar für Ablenkung. Wir sind ja neben der klassischen Außenwerbung auch größter Onlinevermarkter in Deutschland und deshalb mit der Entwicklung des Mediums verbunden.

 

OH: Sehgewohnheiten ändern sich

AS: Das ist ein Generationsthema. Wenn wir vor fünf Jahren gefragt worden wären, ob zehn Sekunden nicht etwas kurz seien, und nun Instagram sehen, wirken zehn Sekunden plötzlich wie ein Spielfilm. Gerade bei jungen Zielgruppen müssen wir viel schneller die volle Aufmerksamkeit bekommen, sonst sind sie im nächsten Film.

 

OH: Wie steht es mit der Digitalisierung des öffentlichen Raums? Bewegen wir uns in Richtung virtuelle Welt?

AS: Über Screens lassen sich die digitale und die reale Welt vernetzen, und genau auf solche Verbindungen kommt es an. Werbetreibende gehen weg von der klassischen Produktkampagne, hin zu gesellschaftsrelevanten Themen. Und wenn das in Echtzeit geschieht, erleben wir eine andere Dimension der Kommunikation, die das Unternehmen greifbarer macht in seinen Werten. Das gilt für Produkte, Dienstleistungen wie fürs Recruiting.

 

OH: Spielt KI schon eine Rolle bei Ihrer Arbeit?

AS: Um Nachbarschaftscontent zu generieren, also quasi aus dem Netz auszulesen, eine große. KI entlastet Menschen, die etwas kreativ umsetzen. KI prüft auch Content: Sind hier religiöse Information vorhanden? Oder politische Zeichen?

 

OH: Das ist ja nicht unproblematisch. Was bringt die Zukunft? Werden wir mit Namen angesprochen?

AS: Nein, aber es wird noch lokaler. Das Restaurant ums Eck kann einen Screen beispielsweise dienstags und donnerstags von 10 bis 12 buchen und den Mittagstisch bewerben, und, wenn es ausgebucht ist, die Werbung schnell wieder runternehmen. Das ist hoch effizient, auch von den Kosten. So etwa können natürlich auch kreative YouTuber die Nachbarschaft nutzen.

 

WENN WIR INSTAGRAM SEHEN, WIRKEN ZEHN SEKUNDEN WIE EIN SPIELFILM

 

OH: Und in fünf Jahren?

AS: ... wird wahrscheinlich die Hälfte aller Medienträger digital sein. In zehn Jahren könnte ich mir vorstellen, dass es nur noch digitale Medienträger gibt, weil dann transreflektierende Displays akzeptable Bildqualität bieten. Diese brauchen Energie nur für den Bildwechsel und bieten damit permanente Echtzeitkommunikation.