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PRODUKTE
SCHNELLER AUF
DIE STRASSE BRINGEN

BatchOne hilft Start-ups und Unternehmen von der ersten Idee bis zur Produktion. Wie fühlt es sich an, für andere kreativ zu sein? Ein Gespräch mit Gründer Niclas Fritz.

OLIVER HERWIG: Sind Sie unter Druck kreativer?

NICLAS FRITZ: Unter Zeitdruck lässt sich überhaupt kein Produkt entwickeln.

OH: Wie das?

NF: Weil vom ersten Prototyp bis zur Serie gewisse Limitierungen auftreten. Allein Werkzeuge zu fertigen, dauert Monate. Auch wir können nicht zaubern, sind aber sehr schnell.


Oliver Herwig: Kreativität bedeutet dann ...

Niclas Fritz: ... ein gutes Produkt zu entwickeln, das intuitiv zu nutzen ist.

OH: Wie genau macht das BatchOne?

NF: Wir helfen Start-ups und Unternehmen von der Idee oder den ersten Prototypen über das Produktdesign bis zur Produktion. Im Gegensatz zu anderen haben wir alle Kernkompetenzen im Haus. Wir schauen nicht nur auf Design und Engineering, sondern übernehmen alle Businessthemen, beantworten selbst Fragen zur Lieferkette. Wir wollen Start-ups helfen, den ersten Batch in der Fabrik zu entwickeln. Daher unser Name. Inzwischen kommen immer mehr Mittelständler zu uns, beispielsweise Lamy oder Playmobil.


OH: Sie decken ein gutes Spektrum ab ...

NF: ... und achten schon beim Prototyping-Prozess darauf, dass das Produkt möglichst günstig hergestellt werden kann. Weil Start-ups und Unternehmen später die Entwicklungskosten wieder reinholen müssen. Da kommen leicht 500.000 Euro zusammen.

OH: Warum entwickeln Sie nicht gleich eigene Produkte?

NF: Weil wir mit Anfragen überrannt werden. Wir haben unser Unternehmen über sieben Jahre organisch aufgebaut, ohne Investoren. Und ich hoffe, dass wir eines Tages selbst in Start-ups investieren können oder eigene Produkte rausbringen. Aktuell liegt der Fokus darauf, die Firma weiter aufzubauen und die Prozesse weiter zu verbessern.

OH: Eine typische Anfrage besteht aus ...

NF: ... einer Idee oder einem Prototyp. Dieser ist oft zusammengestückelt. Das meine ich jetzt gar nicht negativ, aber da sind viele Features eingebaut, bis eine eierlegende Wollmilchsau entsteht.

OH: Und dann heißt es abspecken?

NF: Wir wollen schließlich daraus ein Produkt machen. Deshalb setzen wir uns zusammen. In der Explorationsphase hinterfragen wir jedes Feature: Wir wollen nicht nur Usability, sondern denken auch an das richtige Chipset und die passende Softwarearchitektur.

OH: Was unterschätzen Start-ups oder Unternehmen?

NF: Der größte Fehler ist, Produktdesign und Usability zu unterschätzen. Für die meisten steht das Thema Design immer noch
am Ende der Entwicklung.

OH: Woran zeigt sich das?

NF: Das beginnt bei profanen Dingen und einfachen Fragen: Bediene ich das Produkt über die App? Gibt es LEDs oder Knöpfe? Und wie steht es mit dem Aufladen? Wenn man das klug angeht, lassen sich viele Kosten sparen, weil das Produkt weniger Einzelteile hat oder bestimmte Baugruppen kombiniert.

Oliver Herwig: Cleveres Design spart Kosten?

NF: Auf jeden Fall. Design ist holistisch. Wir sorgen für zeitsparende Herstellung und denken an das Servicekonzept, denn jedes Produkt geht irgendwann mal kaputt. Wie lässt es sich dann reparieren? Und brauchen Kunden eine Servicestruktur? Wer sich darüber Gedanken macht, spart bares Geld.

OH: Sie fertigen ...

NF: ... viel in Europa. Das haben wir schon immer gemacht und sind dafür belächelt worden. Aber wenn ein Start-up 5.000 oder 10.000 Stück in Asien produziert, muss man dorthin fliegen. Das bedeutet viele Kosten und Kommunikationsprobleme, dass es am Ende oft preiswerter ist, das Produkt um die Ecke zu fertigen.

 

 


OH: Anfangs sprachen wir über Zeitdruck. Wie lange dauert eine Entwicklung von der ersten Idee bis zum Produkt?

NF: Rund 12 bis 18 Monate. Manchmal kriegen wir acht Prototypen auf den Tisch. Dazu die Ansage, es sei zu 90 Prozent geschafft. Aber eigentlich sind es nur 10 oder 20 Prozent. Oft müssen wir komplett neu anfangen. Dafür haben wir ein Team von 40 Leuten mit Expertise in Industriedesign, Mechanik, Engineering, Elektronikentwicklung und Software. Darunter sind allein fünf Personen, die Produktionspartner finden, sich mit Zertifizierung auskennen und ganze Logistikketten aufbauen.

Oliver Herwig: Worauf müssen wir uns in Zukunft einstellen? Was ist die nächste große Disruption?


NF: Schwer zu sagen. Alle Lebensbereiche werden smarter: Es gibt mehr Elektronik, mehr Sensoren. Das scheint unaufhaltsam. Trendreports behaupten immer: „Morgen steht das Neue überall“, aber dann dauert es länger, bis es plötzlich doch da ist und man sich fragt, wie es passiert ist. Unser Job ist es, sinnvolle Produkte zu entwickeln. Auf Messen sehe ich aber oft das Gegenteil und gebe ehrliches Feedback. Schließlich sind es Gründer und Familienunternehmen. Die ziehen sich nicht einfach zurück. Die kommen garantiert in einem halben Jahr mit einer besseren Idee wieder.

Das Interview mit Niclas Fritz erschien erstmals im mcbw mag 2023.