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ALLE AN EINEN TISCH

Skandinavische Designkultur mit einem Schuss Anecken. Das Münchner Studio von Designit.

Anecken ist gut. Sehr gut sogar. „Schließlich werden wir fürs An­ecken bezahlt“, sagt Danusch Mahmoudi, der seit drei Jahren das Münchner Studio von De­signit leitet. „Unsere Auftraggeber:innen wollen keine Ja­Sager, sondern Partner, mit denen sie den Herausforderungen der Zu­kunft begegnen können.“ Und diese sind zahlreich. Transfor­mation ist in der deutschen Wirt­schaft angekommen. Digitale und organisatorische Veränderungen betreffen alle Geschäfts­felder, mitunter ganze Ge­schäftsmodelle. Design spielt bei dieser Transformation eine Schlüsselrolle. Das geht weit über funktionale Objekte hinaus.

 

Früher sind wir beauftragt wor­den, etwa ein medizinisches Ge­rät zu gestalten, heute geht es um die Ver­netzung von Produkten und Ser­vices in einem Ecosystem.

Die strategische Innovationsberatung Designit wurde 1991 in Aarhus, Dänemark, gegründet und ist seit 2015 eine eigenständige Marke von Wipro Limited.

Das Münchner Studio zeigt den Wandel der Arbeitswelt: Lounge­ Areas wechseln sich mit schallisolierten Rückzugsorten ab, ein langer Tisch lädt zum gemein­samen Essen ein. Zusammen­arbeit und Flexibilität prägen auch das Arbeitsmodell von De­signit. Auf einem Spielfeld, das geprägt sei von technologischen Weiterentwicklungen, weltum­spannenden Krisen und gesell­schaftlichem Wandel, müssten sich Firmen kontinuierlich anpassen. Mahmoudi beschreibt das so: „Unternehmen und viele Stakeholder haben das Gefühl, da müsse etwas Neues her.“ Was genau, könne aber niemand sa­gen. Ihre Aufgabe sei es, heraus­zufinden, was die echten Bedürf­nisse der Menschen seien. Dazu binden sie Designit von Anfang an in den Gestaltungsprozess ein und bringt alle Interessens­gruppen an einen Tisch, etwa Nutzer:innen, Mitarbeitende ver­schiedener Abteilungen und vie­le andere Expert:innen.

„Hierar­chiefrei. Vorurteilsfrei. Design ist daher eher die Gestaltung eines Prozesses als die eines Arte­fakts. Für uns Gestaltende geht es dabei vor allem ums Zuhören, um anschließend die gemein­schaftlich entwickelten Ideen umzusetzen. Dieser partizipative Ansatz ist in unserer skandina­vischen Unternehmens­DNA ver­ankert, die den Menschen schon immer ins Zentrum ihrer Gestal­tung gestellt hat.“ Einfach de­signen, das gebe es fast nicht mehr. „Wir leben in einer Zeit, in der so komplexe Themen auf uns zukommen, dass sie Desig­ner:innen nicht mehr alleine ge­stalten können“, sagt der Studio­ Leiter. „Die Kreativität der heutigen Zeit heißt Partizipati­on.“

Wie aber muss man sich das Mit­einander vorstellen? Stifte und Sticker, Post­its und Knete wie bei einem Design­Thinking­ Workshop? „Nicht ganz, aber auch nicht ganz verkehrt“, sagt Mahmoudi. Im Gesundheitswesen etwa gehe es um den direkten Austausch mit Ärztinnen und Ärzten, Patient:innen und dem Pfle­gepersonal. So entstünden Lö­sungen, die einen Mehrwert für alle versprächen. „Hier bei uns heißt es: Form follows humanity.“ Im Austausch entstehen Ideen und werden wieder verworfen, weil gerade eine bessere ent­steht. Design wächst mit den je­weiligen Expert:innen. Und weil Design in der heutigen Zeit per­manenter Wandel heißt, liegt der Fokus oft auf Innovation und Innovationsbegleitung.

Mobilität für alle:

VeloHUB, Prototyp eines modularen Mobilitätsknotenpunkts für Großstädte, entstand zusammen mit Bürger:innen und Interessengruppen.

Inzwischen stehen wir vor einem Kaffeevollautomaten, ebenfalls gestaltet von Designit, und gön­nen uns zwei Espressi. Auch hier ist die Kaffeemaschine Bestandteil eines ganzen Geschäftsmodells und nicht nur bloßes Designobjekt. Wichtig sei vor allem die Interaktion mit Nutzer:innen, erklärt Mahmoudi. Diese sollten die Marke ganzheitlich erleben und sich dafür begeistern. Von den rund 700 „Designits“ arbeiten 34 in Deutschland. Mitunter schließen sie sich mit anderen Studios zusammen, im Gesund­heitsbereich aktuell mit Kolleg:in­nen aus Oslo und Madrid. „Wir betrachten uns als Community“, sagt Mahmoudi, „wir mit Designit Germany sind wie ein gallisches Dorf. Jedes Designit­Dorf hat sei­ne ganz besondere Kultur und agiert weitgehend unabhängig. Doch wenn die Römer kommen, tun wir uns zusammen.“ Die Rö­mer? Das seien die großen Projekte, für die sie beste Expertise aus allen Studios zusammenhol­ten. Und seine Rolle dabei: Etwa Majestix? „Nein“, lacht der stu­dierte Grafik­ Designer. „Eher Mi­raculix, jemand, der die Schach­züge entwickelt und den Fokus immer wieder neu ausrichtet.“

Das Interview mit Danusch Mamoudi erschien erstmals im mcbw mag 2023.