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GRENZÜBERSCHREITER

 

Wie Designworks die Mobilität von morgen mit Nachhaltigkeit verbindet.

DESIGNWORKS A BMW GROUP COMPANY

Das Wassertaxi beschleunigt, Gischt sprüht auf, dann hebt sich der Rumpf aus dem Wasser. Es gleitet nun auf drei dünnen Streben, sogenannten Foils, über die Wasseroberfläche und verdrängt so viel weniger Wasser als klassische Boote. Die Foils verleihen Auftrieb, ähnlich wie Flugzeugflügel. Segelsportyachten und einige Passagierboote nutzten das Prinzip schon lange, nun erstmals auch ein elektrisches Wasserfahrzeug: The Icon. Die zukunftsweisende Lösung für Mobilität auf dem Wasser zeigt, was es heißt, Dinge gegen den Strich zu bürsten und Innovationen aus einem Bereich in einen ganz anderen zu übertragen. Dafür ist Designworks bekannt. Die 100-prozentige BMW-Tochter entstand vor einem halben Jahrhundert in Kalifornien und hat weitere Standorte in München und Shanghai. Designworks entwirft sehr breit: von Lifestyle Produkten zu Flugzeuginterieurs, digitalen Nutzererlebnissen und allen Formen der Mobilität einschließlich Automobile für die BMW Group. In den drei Studios entstehen völlig neue Konzepte, darunter Senkrechtstarter, die mit Wasserstoff fliegen. Denkverbote gibt es nicht. Im Gegenteil. BMW schickt seine besten Designer: innen hierher, um ihnen neue Perspektiven zu ermöglichen. Holger Hampf, seit 2017 Leiter von Designworks, möchte Hochtechnologie und Nachhaltigkeit vereinen – zum Nutzen von Mensch und Natur. Mobilität muss nicht mehr zwingend vier Reifen haben und ein Steuerrad, sie kann auch eine App sein oder Teil eines Logistiksystems, das Güter von A nach B bewegt. „Da steckt viel Servicedesign dahinter, viel systemisches Denken.“

Los Angeles, Shanghai und München sind nicht nur klug über die Erdkugel verteilt, die verschiedenen Standorte spielen mit ihren ganz unterschiedlichen Kulturen Impulse, Ideen und Marktveränderungen zurück nach München. Adrian van Hooydonk, Vice President Design der BMW Group, sagte einmal, Designworks seien die Augen und Ohren des Unternehmens nach draußen. Dafür muss die Firma nicht unaufhörlich wachsen, sondern vor allem Verständnis für Märkte entwickeln und für spannende Technologien. Also Change Agent sein und Think Tank in einer sich schnell verändernden Welt.

 

Scheuklappen ablegen und weit in die Welt blicken

Gesamthaft denken

Im Besprechungsraum des Münchner Büros erhebt sich eine riesige dunkle Wand. Sie dient als Tafel, um schnell mal Ideen zu skizzieren. Holger Hampf schnappt sich ein Stück Kreide und zeichnet zwei Achsen auf: einen Zeitstrahl und einen Innovationsstrahl. Ein Vektor schießt im 45-Grad-Winkel nach oben, direkt auf einen Punkt zu, der höchste Innovation in einer nicht allzu fernen Zukunft verankert, also etwa 2035. Ziel aller Designer:innen ist nun, diese Vision in machbare Schritte zu übersetzen, die geradewegs dorthin führen. Diese Milestones hat das Team immer im Blick. Denn schließlich möchte Designworks technologische und ästhetischfunktionale Impulse mit Fragen der Nachhaltigkeit verbinden, „sei es bei der Fassadengestaltung des nachhaltigsten Gebäudes Afrikas, beim Design von wasserstoffbetriebenen Senkrechtstartern (Sirius Jet) oder von batteriebetriebenen maritimen Fahrzeugen mit Foilingtechnologie“, sagt Holger Hampf. So viel High-Tech verlangt technisches Knowhow und einen Blick für das Ganze. „Wir wollen die Natur nicht nur als Partner, sondern uns selbst als Teil der Natur verstehen. Wir glauben, dass es einen Paradigmenwechsel braucht, damit wir uns als Menschen weiterentwickeln können.“ Eine Lösung lautet modulare Gestaltung, die Dinge nicht mehr untrennbar verbindet sondern trennbar und reparierbar macht. „Modularität bietet die Chance, neu und anders zu denken, insbesondere bei hochkomplex integrierten Produkten.“ Dank des sogenannten Baukastens recycliert BMW schon heute über 90 Prozent aller Bauteile. Die Kunst besteht darin, Design und den eigenen Nachhaltigkeitsanspruch möglichst früh in die Produkt- Entwicklungsprozesse mit einzubeziehen. Je früher, desto besser. Von der ersten Vision über die Markenstrategie bis zur Industrialisierung. Europa, sagt Hampf, schöpft aus einem Fundus großer Marken, die wohl allesamt ohne den Willen zur konsequenten Gestaltung nicht entstanden wären. „Design muss Zusammenhänge verstehen und die Dinge gesamthaft betrachten.“ Hampf denkt in Gefühlswelten, die uns umgeben. Ihm geht es um die „Choreografie von verschiedenen Erlebnissen oder Funktionen.“ Die Aufgabe von Design: alles zusammenzubringen. Der Klimawandel zeigt, dass holistisches Denken nicht mehr beim Produkt endet. Das Ziel heißt: „Von Beginn an in Harmonie mit dem Planeten und den Bedürfnissen unseres Umfelds zu gestalten“, sagt Hampf. „Wir müssen genauso die Bedürfnisse unseres Umfelds und des Planeten berücksichtigen wie die der einzelnen Nutzer:innen.“

80 Prozent weniger Energieverbrauch

Kein Wunder, dass viele Projekte gerade einen direkten Öko-Bezug haben wie jenes Wasserfahrzeug, das durch Foiling- Technologie abhebt und rund 80 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs einspart. Einen ganz anderen Weg geht der für Mercury entwickelte elektrische Außenbordmotor, weil die Aufgabe eine andere war. Statt möglichst großer Reichweite ging es um leisen, emissionsfreien Antrieb bei kurzen Strecken auf Flüssen oder Seen. So stellt selbst hier der Stromer eine echte Alternative zum Benzinmotor dar. Das Boot lässt sich am Steg laden oder die Batterie mit nach Hause nehmen, aufladen und am Morgen wieder einsetzen. Ähnlich verhält es sich mit vielen Technologien und Ideen bei Designworks. Die Teams wandern von Autos zu Flugzeugen und über elektrische Wingsuits wieder zurück zu anderen Formen der Mobilität. Projekte aus unterschiedlichsten Bereichen eröffnen unerwartete Perspektiven und manchmal auch besondere Abkürzungen. Bei Designworks arbeiten sogenannte Hybrid Designer:innen, die nicht nur ein Produkt gestalten, sondern darüber hinaus denken, in die Welt schauen und Verknüpfungen ausmachen. Wer heute Mobilität im Blick hat, muss eben auch Züge, Flugzeuge und Boote im Blick haben, um zum Beispiel ein optimiertes Auto-Interieur zu entwerfen.

In einem der jüngsten Designworks-Projekte ging es um „Light Productivity“ in der Business Class von Flugzeugen, wenn Passagier:innen etwa ausruhen und relaxen, einen Film schauen oder Musik hören und doch einige Dokumente sichten und Nachrichten beantworten. Dieses Wissen kann für die Gestaltung eines autonomen Fahrzeugs wichtig werden, wie überhaupt die Fähigkeit, Fragestellungen und Lösungen von einem Geschäftsfeld auf ein anderes zu übertragen. Hampf sagt: „Wir schauen uns das alles an. Schlie.lich geht es gar nicht Visionary Materials: Entwicklungsprogramm bei Designworks um die einzelne Ladesäule, die gut gestaltete Payment App – besser gesagt: solitäre Produktideen. Das Ziel besteht darin, alles zu einem Ganzen zu verbinden, sodass positive und übergreifende Nutzererlebnisse entstehen.“ Die Langlebigkeit von Produkten sei immer noch der Heilige Gral, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Leder habe z. B. diese Qualität, entwickele mit der Zeit sogar eine schöne Patina. Das Material werde aber leider zu breit eingesetzt und jetzt gelte es, pflanzlich-basierte Alternativen zu finden, sagt Hampf. Auch hierfür ist technisches Knowhow notwendig, das Verständnis von taktiler Qualität und natürlich die Impulse, die aus den drei sehr unterschiedlichen Standorten von Designworks kommen.