DAS PROGRAMM 2024 IST LIVE – JETZT MCBW 2024 PROGRAMM ANSEHEN

UNTER DRUCK? EHER UNTER DAMPF

Fühlen Sie es? Hören Sie es? Riechen Sie es? Dieses Papier stammt von Gmund. Seit fast 200 Jahren steht die Papierfabrik für kompromisslose Qualität.

Print steht unter Druck. Seit Jahren sinken die gedruckten Auflagen von Tageszeitungen und Magazinen. Zugleich steigen die Anforderungen an die Papierproduktion, weniger Wasser zu verbrauchen und Abwasser zu reduzieren. Dazu kommen auch noch explodierende Energiekosten. Da wird ein eingefahrenes Geschäftsmodell schnell zur Belastung. Nicht so am Tegernsee. Gmund Papier hat sich auf hochwertige Papiere spezialisiert und punktet durch nachhaltige Herstellung und Innovationen, wie etwa ein Papier aus Hanffasern. Hanf bietet mehr Biomasse als jede andere heimische Nutzpflanze, wird dreimal im Jahr geerntet und bringt auf gleicher Fläche vier- bis fünfmal so viel Papier wie ein Wald.

 

„Wir sind immer auf der Suche
nach Neuem – über das ganze Unternehmen hinweg“, sagt Geschäftsführer Florian Kohler.

Diese „außergewöhnlichen Schritte“ heißen beispielsweise, dass Gmund das einzige Unternehmen ist, das Brauchwasser mithilfe von Ozon chemikalienfrei aufbereitet. Umweltschutz bietet die Garantie, dass hochqualifizierte Arbeitsplätze im Bayerischen Oberland nicht verloren gehen. 1829 wurde die heutige Büttenpapierfabrik Gmund GmbH & Co. KG an der Mangfall errichtet und hat sich seither immer wieder den Zeitläuften angepasst. „Innovation aus Tradition“, sagt dazu Unternehmenssprecherin Sabine Huber: Ideen würden gefordert, besprochen, geprüft und dann auch umgesetzt. Das sei eben Teil der Firmenkultur. So entstünden neue Papiere oder ungewöhnliche Kombinationen. Wie etwa das öffentliche Restaurant „Mangfallblau“; Gmund sei damit wahrscheinlich die einzige Papierfabrik mit eigenem Lokal, mutmaßt Huber. Zum „Mangfallblau“ heißt es auf Tripadvisor übrigens: „ausgezeichnetes Essen, sehr aromatischer Cappuccino von einem ausgezeichneten Barista.“

Daneben treibt der Papierhersteller Innovationen im Umweltschutz voran. Wer glaubt, bei Papier lasse sich kaum mehr etwas verbessern, geschweige denn verändern, sollte das Hanfpapier in die Finger bekommen: 100 Prozent aus europäischer Produktion.

„Die langen Fasern machen das neuartige Material fest im Gefüge, weich in der Haptik und wild in der Erscheinung“, erklärt Kohler und fügt hinzu: „Gmund Hanf wird ohne Farbstoffe produziert – ein echter Gamechanger.“

Während klassische papierene Medien auf dem Rückzug sind, hat Gmund schon hochwertige Papiere im Programm. Daraus entstehen edle Broschüren oder Kataloge, vor allem aber Verpackungen. Das eröffne einen „immensen Wachstumsbereich“, sagt Kohler, da aufgrund der Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungslösungen Papier zunehmend Plastik ablöse. Gedruckt wird zunehmend auf haptisch hochwertigem Papier. Das ist spürbar. Die Fingerspitzen streichen darüber, das Papier knistert, raschelt und zirpt. „Emotionen kann man nur über Haptik vermitteln“, ist Kohler überzeugt. Daher setzten Unternehmen „zunehmend auf hochwertige Designpapiere“. Ein Papier wird zum Markenbotschafter. Gmund bietet in den „Gmund Compendien“ ab einem Bogen hunderte unterschiedlicher Papiercharaktere. Im „Gmund Creative System“ liefern die Oberbayern ab tausend Bogen sagenhafte dreißigtausend Varianten. Ab drei Tonnen entwickelt Gmund sogar ein ganz besonderes Markenpapier, ein Unikat mit individueller Farbe, Struktur und Haptik.

Papierherstellung ist ein energieintensives Geschäft. Daher liegen Papiermühlen am Wasser. Auch in Gmund wurde die gleichnamige Papierfabrik direkt an der Mangfall errichtet, die sich aus dem beliebten Feriensee herausschlängelt. Am Ortsausgang liegt die Büttenpapierfabrik. Fast 200 Jahre Industriegeschichte zeigen sich hier, verändert, modernisiert – und stets auf der Höhe der Zeit. Seit 2006 ist Gmund FSC®-zertifiziert.

„Natürliche Ressourcen zu schonen und umweltbewusst zu handeln ist Alltag“, sagt Kohler.

Dass überhaupt noch in Bayern produziert wird, hat Gründe. Ohne ständige Investitionen in den Umweltschutz wäre auch Gmund im Strukturwandel untergegangen. Wir beziehen mittlerweile als wahrscheinlich einzige Papierfabrik unseren Strom zu 100% aus Wasserkraft. Das Unternehmen nutzt nachhaltige Rohstoffe, trennt Abfälle und senkt laufend seinen Wasserverbrauch.

Es gibt keinen Stillstand in Zeiten des Umbruchs: Auf dem Gmund Campus berät mit den „Greenfibra Labs“ ein Team von Expert:innen aus den Bereichen Fasertechnologie, Materialanalyse, Papierproduktion, Ökologie, Druck- und Verpackungstechnologie, Sensorik und grüne Kommunikation neue und alte Kund:innen. Auf Wunsch verwandelt das Team aus Verpackungsspezialist:innen, Designer:innen und Produktionsmanager:innen das gemeinsam entwickelte Papier in eine regalfertige Verpackung oder ein maßgeschneidertes Direktmailing. Offenbar ist die Gmund-Firmengeschichte auch nach bald 200 Jahren nicht zu Ende erzählt.

Das Interview mit Florian Kohler erschien erstmals im mcbw mag 2023.